15:14 gegen Bayer nach 6:11-Rückstand – Hannes Glaser verletzt
Der SSV Esslingen gewinnt auswärts beim SV Bayer Uerdingen ein hochdramatisches Spiel nach zweimaligem 5-Tore-Rückstand dank einer tollen zweiten Halbzeit mit 14:15 (4:3, 5:2, 3:5, 2:5) und schielt damit immer noch auf Platz 4 nach der Hauptrunde.
SSV Esslingen gegen SV Bayer Uerdingen – wenn diese beiden DWL-Teams aufeinandertreffen, ist eigentlich immer etwas geboten. Da machte auch das jüngste Aufeinandertreffen der Tabellennachbarn keine Ausnahme, was 57 Protokolleinträge eindrucksvoll belegen: 29 Tore, 21 persönliche Fehler und 7 Auszeiten. Doch am Ende zählen die zwei Punkte für den SSVE. Diese wurden von den SSVE-Spielern eindrucksvoll in einer zwischenzeitlich schon fast verlorengeglaubten Partie erkämpft. Einen Schönheitsfleck hat der Sieg allerdings: Nationalspieler Hannes Glaser verließ zu Beginn des letzten Viertels blutüberströmt mit einer gebrochenen Nase das Becken. SSVE-Trainer Markus Hahn zeigte sich nach dem ersten Sieg im Jahr 2014 erleichtert: „Bayer hat sehr hart gespielt, womit wir die ersten beiden Viertel nicht zurecht kamen. Dann sind wir aber immer besser ins Spiel gekommen und haben mit einer furiosen Aufholjagd und großem Teamgeist verdient gewonnen. Wir bangen jetzt jedoch um Hannes Glaser wegen seiner Verletzung.“ Kapitän Heiko Nossek, dreifacher Torschütze und „Spieler des Tages“: „Es ist unverständlich, warum wir uns immer das Leben so schwer machen. Aber es zeugt von großer Moral, dass wir wieder zurückgekommen sind. In der zweiten Halbzeit haben wir wirklich gut gespielt und das allein müssen wir für die Zukunft mitnehmen.“ Mike Troll, der mit seinem Hattrick innerhalb von weniger als drei Minuten im letzten Viertel das Spiel gedreht hatte, hob auch insbesondere die geschlossene Mannschaftsleistung heraus: „Ich bin froh, dass wir es als Mannschaft geschafft haben, uns noch einmal zurück zu kämpfen. Die hohe Anzahl an Überzahlspielen auf beiden Seiten hat uns mit unserer guten Überzahlquote in die Karten gespielt.“
Nachdem die Hausherren ihr erstes Überzahlspiel nutzen konnten, war Maximilian Müller mit einem direkt verwandelten Freiwurf für den ersten Esslinger Treffer verantwortlich. Auch bei der 1:2-Führung war der Neuzugang beteiligt, als er in Überzahl Mike Troll bediente, der seinen ersten von vier Treffern erzielte. Dann jedoch eine erste SSVE-Schwächephase, die die Uerdinger zu drei Treffern in Folge nutzten. Kurz vor Viertelende traf Heiko Nossek mit einem direkten Freiwurf zum 4:3.
Unaufmerksamkeiten und Unkonzentriertheit in der SSVE-Verteidigung und der Spielumkehr ließ die Bayer-Sieben auf 8:3 in der 14. Minute davonziehen. Einzig und allein das funktionierende Überzahlspiel hielt die Esslinger im Spiel. So passte Lars Hechler von der für ihn ungewohnten Rechtsaußen-Position auf Michael Müller, der den vierten SSVE-Treffer erzielte. Sein Bruder Maximilian verwertete einen Konter erfolgreich zum 8:5. In der letzten Sekunde vor der Halbzeit traf Bayers Lazar Kilibarda zum 9:5.
Gleich zu Beginn des dritten Viertels schoss Heiko Nossek in Überzahl das 9:6, doch zwei weitere Gegentore innerhalb von eineinhalb Minuten ließen die Esslinger Chancen auf einen Punktgewinn auf ein Minimum sinken. Nach einem Uerdinger Ausschlussfehler nahm Trainer Markus Hahn früh im Viertel seine Auszeit – mit Erfolg: eine „Müller-Co-Produktion“ führte zum siebten Esslinger Treffer, als der jüngere Bruder Maximilian auf seinen vier Jahre älteren Bruder Michael passte. Robert Roth verkürzte mit einem Schuss aus dem Rückraum auf 11:8. Ein weiterer Treffer der Westdeutschen konnte die Aufholjagd des SSVE nicht stoppen: Heiko Nossek verwandelte einen Strafwurf sicher und noch vor der letzten Pause war es erneut Robert Roth in Überzahl, der auf 12:10 verkürzte. Passgeber war einmal mehr Maximilian Müller.
Gleich zu Beginn des vierten Abschnittes war es Hannes Glaser, der vor Ablauf der Angriffszeit den Anschlusstreffer schaffte. Doch auch Bayer wollte die wichtigen zwei Punkte für sich behalten und kam zum 13:11. Es folgten die Minuten von Mike Troll, der bis dahin vor allem als Centerverteidiger eine starke Partie abgeliefert hatte, nun aber auch als Torschütze glänzen sollte: in der 26. Spielminute traf er zunächst aus dem Rückraum zum Anschluss und nur 33 Sekunden später nutzte er eine Kontersituation zum erstmaligen Ausgleich seit dem 2:2 in der fünften Minute. Mitten in die Esslinger Aufholjagd dann die Szene, die zu der Verletzung von Hannes Glaser führte: Olympiateilnehmer Tim Wollthan erkämpfte sich gegen den Linkshänder und Robert Roth einen Strafwurf und in dieser Situation hatte der Uerdinger Kapitän den Esslinger an der Nase getroffen. Der 33jährige hatte nicht die Absicht, den 12 Jahre jüngeren Nationalspieler zu verletzen, aber schmerzhaft und kurios ist es allemal: denn bereits in der Vorsaison war es ein Zweikampf der beiden, der beim Esslinger zu einer ebensolchen Verletzung führte. Ohne ihren Linkshänder mussten die SSVE-Spieler also in den letzten sechs Minuten auskommen. Doch zunächst stand ja noch der Strafwurf an, der das Heimteam wieder in Führung gebracht hätte, was eine Parade von Esslingens Torhüter Marco Watzlawik jedoch verhinderte. In Überzahl suchte wieder einmal Maximilian Müller den richtigen Anspielpartner und fand diesen in Mike Troll, der damit nicht nur einen Hattrick erzielte, sondern mit seinen Toren das Spiel von 13:11 auf 13:14 gedreht hatte. Noch standen über vier Minuten auf der Uhr. Bayer ließ eine Mann-mehr-Situation ungenutzt. Der SSVE machte es besser: wieder nahm Markus Hahn nach einem Ausschluss für einen Uerdinger eine Auszeit und schließlich war es mit Valentin Finkes Esslingens Jüngster, der mit seinem Treffer den Sack endgültig zumachte. Ein weiteres Unterzahlspiel überstanden die Gäste schadlos, sodass der letzte Uerdinger Treffer zehn Sekunden vor dem Abpfiff lediglich Ergebniskosmetik bedeutete.
Mit dem hart erkämpften Auswärtssieg bei Bayer Uerdingen festigten die Esslinger Bundesligawasser-baller Platz fünf. Damit würde man in den Qualifikationsspielen auf den Viertplatzierten der B-Gruppe und in einem möglichen Viertelfinale auf den Viertplatzierten der A-Gruppe, derzeit den SV Cannstatt, treffen. Doch auch dieser vierte Platz nach Abschluss der Hauptrunde liegt noch im Bereich des Möglichen. Dazu müsste der SSVE zwei seiner letzten drei Spiele gewinnen. Nach einem spielfreien Wochenende geht es eine Woche später nach Berlin. Gegner dann die SG Neukölln Berlin und Rekordmeister Spandau 04 bevor man zum Abschluss zu den White Sharks Hannover reist.
Für den SSV Esslingen im Einsatz waren:
Marco Watzlawik (Torwart), Attila Beretka, Hannes Rothfuß, Valentin Finkes (1 Tor), Novak Zugic, Robert Roth (2), Heiko Nossek (3), Michael Müller (2), Maximilian Müller (2), Hannes Glaser (1), Mike Troll (4), Lars Hechler und Robin Finkes.