SSVE siegt auch zuhause klar gegen Würzburg – Nossek fordert Reformen
Nach 18 Monaten ohne Heimspiel besiegten die Esslinger Wasserballer im vereinseigenen Freibad auf der Neckarinsel den SV Würzburg 05 deutlich mit 14:6 (1:1, 5:1, 3:0, 5:4)-Toren. Mit dem zweiten Sieg im Best-of-three-Modus schaffte der SSVE erneut den Sprung in die Top-8.
Endlich wieder ein Freibad-Spiel, die Vorfreude war groß, auch wenn es ein sogenanntes „Geisterspiel“ ohne Zuschauer war. Und auch das Wetter machte halbwegs mit, zumindest während der Partie blieb es trocken. Und die Fans und Wasserballinteressierten konnten sogar auch dabei sein, wenn auch nur per Livestream über YouTube – es waren immerhin mehrere Hundert, die sich den Heimauftritt des SSVE nicht entgehen lassen wollten. Am Ende gab es auch sportlich etwas für die Esslinger zu feiern, die dank der beiden deutlichen Siege über den SV Würzburg die Relegation für die A-Gruppe problemlos meisterten. SSVE-Cheftrainer Heiko Nossek war letztlich auch zufrieden: „Das war ein ungefährdeter Sieg, aber dennoch noch viel Luft nach oben. Die Jugend hat erneut Akzente setzen können, aber grundsätzlich hat anfänglich die nötige Einstellung gefehlt. Jetzt gilt es sich bestmöglich auf die kommenden Aufgaben vorzubereiten.“ 11 der 14 Tore gingen auf das Konto von U20-Spielern, was durchaus beachtlich ist, auch wenn gerade zu Beginn des Spiels viele Chancen liegen gelassen wurden. Das bemängelte auch Trainer Hannes Rothfuß: „Unsere jungen Spieler haben gezeigt, dass sie die Zukunft sein können. Wir verschlafen den Start, sind nicht da und gehen das Spiel zu lässig an. Dadurch kann es Würzburg ein Viertel lang offen gestalten. Danach setzt sich die höhere individuell Klasse durch. Es gilt sich für die kommenden Aufgaben gut vorzubereiten und vor allem unsere Chancenverwertung zu verbessern.“ In den folgenden Wochen spielt der SSVE nun um die Plätze fünf bis acht. Die vier Relegationsgewinner treffen in zwei Turnieren aufeinander (Hin- und Rückturnier) und zum Abschluss der Saison gibt es Spiele um Platz 5 und um Platz 7. Wichtig an der gewonnenen Serie gegen die Mainfranken war aber vor allem die Tatsache, dass der SSVE auch in der kommenden Saison zu den Top-8 des deutschen Wasserballs gehört. Beim Sieg auf der Neckarinsel machte das Brüderpaar Simon und Robin Rehm mit insgesamt der Hälfte der Esslinger Tore auf sich aufmerksam. Simon Rehm, mit 19 Jahren der ältere der beiden, traf gleich fünf Mal: „„Es freut mich sehr, dass ich mit meinen fünf Toren zum Verbleib in der A-Gruppen beitragen konnte. Wir hätten uns zwar einen etwas souveräneren Sieg erhofft, aber alles in allem sind wir sehr zufrieden und freuen uns auf die Platzierungsturniere um Platz 5.“
Zu Beginn der Partie war bei den Esslingern wie schon in Würzburg noch etwas Sand im Getriebe, eine gewisse Unkonzentriertheit bei den Abschlüssen sowie ein gut aufgelegter Würzburger Torwart Benjamin Flammersberger verhinderte eine schnelle SSVE-Führung. Und auch in der Verteidigung hatten die Hausherren einiges zu tun und mussten in den Anfangsminuten gleich drei Unterzahlspiele abwehren. Eine halbe Minute vor Viertelende blieb der Würzburger Center vor dem Esslinger Gehäuse liegen, es ergab sich für den SSVE eine Überzahlsituation, die schön ausgespielt wurde und schließlich Robin Rehm zum 1:0 nutzte. Doch mit der letzten Sekunde traf Würzburgs dreifacher Torschütze Luka Vuckovic zum 1:1-Ausgleich.
Und es kam sogar noch besser aus Gästesicht: erst überstanden sie eine Unterzahlsituation erfolgreich, ehe ihnen per Strafwurf in der 12. Spielminute sogar die 1:2-Führung gelang. Das schien so etwas wie der Weckruf für die Esslinger Wasserballer gewesen zu sein: Zoran Bozic machte mit seinem Treffer aus dem Rückraum den Ausgleich und Valentin Finkes nutzte ein von Centerspieler Konstantinos Sopiadis erkämpftes Überzahlspiel zur erneuten SSVE-Führung. In den letzten 69 Sekunden vor der Halbzeit gelangen dem SSVE drei weitere Treffer zum 6:2-Pausenstand. Bemerkenswert dabei, dass mit Nikias Roth, gerade 17 Jahre alt geworden, ein Bundesliga-Debütant gleich doppelt erfolgreich war. Kurz vor dem Pausenpfiff erkannte Simon Rehm die Situation genau richtig: zum einen waren nur noch zwei Sekunden auf der Uhr und zum anderen der Gästetorwart weit vor seinem Kasten, also warf er den Ball in einem hohen Bogen direkt ins Tor.
Die Esslinger ließen nun nichts mehr anbrennen, auch wenn die Chancenverwertung weiterhin schwach blieb und auch hinten Torhüter Florian Pirzer immer wieder in höchster Not zur Stelle sein musste und erneut ein starkes Spiel ablieferte. Das 7:2 erzielte Linkshänder Valentin Finkes, der mit seinen 25 Jahren nun schon zu den Routiniers beim SSVE zählt. Simon Rehm stellte mit zwei weiteren Treffern den Spielstand zum 9:2 vor der letzten Pause her.
Im vierten Abschnitt setzte das Esslinger Trainerteam noch mehr auf die Jugend, nun hütete Alexandros Vlantoussis mit seinen gerade mal 16 Jahren das Esslinger Tor. Die Würzburger gaben nicht auf und wollten weiterhin Erfolgserlebnisse sammeln – sodass es im letzten Abschnitt noch einmal torreich werden sollte. Nach dem dritten Würzburger Treffer erkannte Aleksa Boskovic frühzeitig eine Kontersituation, erkämpfte sich einen Ausschluss seines Gegenspielers und traf selbst zum 10:3. Jeweils in Überzahl kamen die Gäste zu zwei weiteren Toren, ehe Konstantinos Sopiadis von der Centerposition und Rechtsaußen Robin Rehm den alten Abstand mit ihren Treffern wiederherstellten. Die beiden letzten SSVE-Treffer gingen dann wieder auf das Konto des fünffachen Torschützen Simon Rehm, der zwei Mal in Kontersituationen von seinen Mannschaftskollegen freigespielt wurde. Den Schlusspunkt zum 14:6-Endstand setzten die Würzburger kurz vor der Schlusssirene.
Wie eingangs bereits erwähnt steht für die Esslinger damit der weitere Saisonverlauf fest, weitergehen wird es Ende Mai. Zweifellos die wichtigste Folge des Sieges im Relegationsduell gegen Würzburg ist aber die Zugehörigkeit zur A-Gruppe für ein weiteres Jahr. Wobei die Verantwortlichen des SSVE vom derzeitigen Zustand der Liga und des deutschen Wasserballs insgesamt nicht gerade überzeugt sind und Reformen sowohl was das System der Liga, aber vor allem auch was das gesamte „Wasserballsystem Deutschland“ angeht fordern. Dies wurde von den Verantwortlichen in vielen Sitzungen und Besprechungen auch immer wieder angemahnt und zuletzt von Trainer Heiko Nossek in einem bemerkenswerten Gespräch mit Sigor Paesler von der Eßlinger Zeitung auch öffentlich in der Presse kundgetan. Darin fordert der ehemalige Profi-Wasserballer mit Stationen in Griechenland und Italien eine eingleisige Bundesliga mit 12 Mannschaften und das Ende das kaum vermittelbare Systems mit A- und B-Gruppe. Damit würde man nicht nur den ambitionierten Teams der B-Gruppe einen Ansporn geben, sondern auch den Wasserballsport insgesamt breiter aufstellen. Und auch in der Spitze sieht der 307-fache Nationalspieler dringenden Reformbedarf: neben einem Umbruch in der Nationalmannschaft muss nun ein Umdenken in der immer nur auf Kurzfristigkeit und die nächsten Olympischen Spiele ausgelegten Planung her. Langfristig müsse man nun um so talentierte junge Spieler wie Zoran Bozic und Dennis Streletzki ein Team aufbauen und sich auf 2028 fokussieren. Weiterhin dürfe man sich nicht nur auf Spandau und Hannover konzentrieren, die zwar einen Großteil der Nationalspieler stellen, wo diese aufgrund von zahlreichen ausländischen Wasserball-Topspielern nur eine Nebenrolle spielen. Der deutscher Wasserballsport hat mehr zu bieten.
Für den SSV Esslingen im Einsatz waren:
Alexandros Vlantoussis (Torwart), Nikias Roth (2 Tore), Marvin Thran, Valentin Finkes (2), Zoran Bozic (1), Uros Fabic, Aleksa Boskovic (1), Periklis Reizis, Emmanouil Petikis, Simon Rehm (5), Robin Rehm (2), Konstantinos Sopiadis (1), Florian Pirzer (Torwart)