Wasserball-Bundesliga verschiebt Start

Wasserball-Bundesliga verschiebt Start
28. Oktober 2020

Wasserball: SSV Esslingen ein Jahr ohne offizielles Spiel – Das Pandemie-Jahr der Wasserballer

Nun ist es amtlich: in diesem Jahr erfolgt kein Anpfiff der neuen Wasserball-Bundesliga-Saison 2020/2021 mehr. Auch alle anderen DSV-Wettkämpfe Wasserball wurden abgesagt oder zumindest bis zum Jahresende ausgesetzt.

 Wir haben gelernt, dass es in der derzeitigen Pandemie-Situation oft keine eindeutigen Antworten, oft kein Richtig oder Falsch gibt. Fakt ist aber, dass der Wasserballsport unter dem Dachverband des Deutschen Schwimm Verbandes (DSV) nun erst einmal bis Jahresende ruhen wird. Das trifft auch die Bundesligawasserballer des SSV Esslingen, deren Saisonstart eigentlich am kommenden Wochenende hätte sein sollen. SSVE-Trainer Heiko Nossek: „Es ist die einzig sinnvolle und richtige Entscheidung. Alles andere wäre nicht vertretbar gewesen. Wir als Mannschaft müssen die schlechte Nachricht jetzt wegstecken und die Zeit so gut wie möglich nutzen, um für einen eventuellen Start im neuen Jahr vorbereitet zu sein.“

Die letzte Partie absolvierten die Esslinger am 1. Februar, ein toller 12:11-Auswärtssieg beim ASC Duisburg stand zu Buche. Heiko Nossek, bereits seit mehreren Jahren zum Trainerteam gehörend, hatte erst zu Jahresbeginn zusammen mit Hannes Rothfuß die Mannschaft von Janusz Gogola übernommen und sie offensichtlich gut in Form gebracht. Aufgrund der anstehenden Olympiaqualifikation der Nationalmannschaft war erst einmal eine längere Spielpause vorgesehen, die aber unbeabsichtigt noch viel länger werden sollte.

 

Lockdown und langsame Normalisierung

Mitte März erfolgte der Lockdown, das Leben und auch der Sport standen quasi still. Alle DSV-Veranstaltungen wurden bis 31. Mai ausgesetzt. Schnell bot der Verein dank seinem Vereins-IT-Spezialisten Dimitrios Kechlibaris all seinen zwölf Teams eine Online-Plattform, nicht nur zur sozialen Kontaktaufnahme, sondern auch zum gemeinsamen Athletiktraining, welches fortan ein täglicher und gern gesehener Fixpunkt in der sonst so termin- und planlosen Phase wurde. Mitte Mai konnten die Wassersportler endlich wieder in ihr Element – das SSVE-Freibad hatte als Sportstätte als eines der ersten Bäder landesweit wieder öffnen können dank des unermüdlichen Einsatzes des Vorstandes, der seinen Sportlern und Mitgliedern etwas Normalität bieten wollte. Nach und nach war auch wieder sportartspezifisches Training möglich, inklusive taktischen Übungen und Trainingsspielen.

 

DSV-Entscheidungen und Mitspracherecht der Vereine

Auf der Funktionärsebene fand Mitte April eine erste Videokonferenz der Vereine mit dem DSV statt. Es stand die Fortsetzung der Saison ab Anfang Juli zur Debatte. Doch schnell stellte sich heraus, dass die Trainings-Voraussetzungen aufgrund der verschiedenen Vorgaben der Bundesländer zu unterschiedlich waren: einige Vereine trainierten bereits nahezu normal, andere hatten noch nicht einmal ein Bad zur Verfügung. Bereits zu diesem Zeitpunkt gab es eine größere Anzahl an Vereinen, die eine Fortsetzung der Liga äußerst kritisch sahen. Vor allem wegen der immer knapper werdenden Zeit, schließlich starten die Vereine in normalen Jahren bereits im August mit der Vorbereitung für die nächste Saison. Doch der DSV wollte noch abwarten, spätestens jedoch sollte am 1. Juli eine Entscheidung fallen, ob man dann im August starten könnte. Ende Mai teilte der DSV mit, dass die Hygienevoraussetzungen geprüft werden. Es folgten weitere Videokonferenzen, eine Präsenzsitzung wurde anberaumt und wieder abgesagt, ein Rücktritt des DWL-Vorsitzenden Sören Mackeben sowie der kaum vorhandene Informationsfluss seitens des DSV sorgte bei den Vereinen für Verdruss.

 

Das Ende der Deutschen Wasserball Liga (DWL)

Hinzu kam die Tatsache, dass sich der DSV nach einer Neufassung seiner Satzung und der daraus resultierenden Strukturveränderungen die DWL quasi „einverleibt“ hatte. Klar war also, dass zur neuen Saison die DWL, getragen von ihren Vereinen, Geschichte sein und der Spielbetrieb der Bundesliga unter das Dach und die Regie des DSV als Wasserball Bundesliga zurückkehren würde. Diese grundlegende Änderung der Struktur, die Streichung der Lizenzordnung der DWL und Überführung in die Regelungen des DSV, erfolgte ohne direkte Beteiligung der Vereine, was sowieso schon für Unmut bei den Clubs sorgte, da diese sich „von oben herab“ behandelt fühlten, was in der nun herrschenden Pandemiesituation wenig hilfreich war und für noch mehr Verwirrung sorgte.

 

Abbruch der Saison 2019/2020 und Ausspielung des Deutschen Meisters 2020

Ende Juni sollten die Vereine der DWL über Abbruch oder Fortsetzung der Liga abstimmen, am 7. Juli wurde schließlich der Abbruch der DWL-Saison 2019/2020 verkündet. Doch wie es nun weitergehen sollte, war mehr als unklar. Die ersten Infos, dass möglicherweise ein Deutscher Meister 2020 ausgespielt werden sollte – unabhängig von der abgebrochenen DWL-Saison, gab es Mitte Juli vom DSV. Außerdem war von einem Hygienekonzept die Rede, welches der Verband erstellen würde. Beide Themen sollten mit den Vereinen am 8. August besprochen werden.

Die Vereine waren bei diesen Entscheidungen außen vor, die DWL als Interessensvertretung gab es nicht mehr, doch den Vereinen war klar, dass sie sich in irgendeiner Art und Weise besprechen mussten. Am 22. Juli fand auf Betreiben der West-Vereine und nach Einladung von Dirk Lindner aus Düsseldorf diese Aussprache der Vereine statt. Auf dieser Videokonferenz erfuhr der SSVE durch Zufall und nach Rückfrage, dass am kommenden Tag eine weitere Videokonferenz auf Einladung des DSV stattfinden sollte, bei der die „willigen“ Vereine über die Ausspielung eines Deutschen Meisters 2020 diskutieren wollten. Kurios: der SSVE war nicht einmal gefragt worden. Kurzfristig und auf Nachfrage wurde der Esslinger Verein für die Konferenz am nächsten Tage eingeladen und hatte dann genau eine Woche Zeit, um über die Teilnahme oder Nicht-Teilnahme zu entscheiden. In Zeiten von Hygienekonzepten, Corona-Verordnungen, Absprachen mit Gesundheitsämtern ein nahezu unmögliches Unterfangen. SSVE-Sportvorstand Udo Schäfer begründete die Absage folgerichtig: „Wir haben bewusst auf eine Teilnahme an der Ausspielung des Deutschen Meistertitels im Sommer 2020 verzichtet, um die Gesundheit unserer Sportler zu schützen und eine möglichst optimale Vorbereitung unseres Teams fokussiert auf die nächste Saison 2020/2021 sicherzustellen. Dies ist von Vereinsseite mit der Mannschaft, d.h. Trainer, Teammanager und Spielerrat so abgestimmt und auch klar kommuniziert worden.“

Sechs Vereine spielten schließlich vom 22. August bis 9. September um den Titel „Deutscher Meister 2020“, am Ende siegreich war die Mannschaft von Waspo 98 Hannover nach einer 3:1-Finalserie über WF Spandau 04.  Auch der Pokal wurde noch ausgespielt, mit umgekehrtem Ergebnis: Spandau wurde Pokalsieger, Hannover Zweiter.

 

Vorbereitungen und vorläufige Aussetzung der Saison 2020/2021

Währenddessen hatte der SSVE unter guten Freibadbedingungen mit der Vorbereitung auf die Saison 2020/2021 begonnen. Auch die organisatorischen Vorbereitungen auf diese neue Saison liefen weiter: am 8. August fand eine Bundesliga-Tagung in Krefeld statt und in den folgenden Wochen erstellte der DSV die Durchführungsbestimmungen sowie ein Hygienekonzept, das es den Sportlern ermöglichen sollte, ihren Sport unter Pandemiebedingungen möglichst sicher zu betreiben. Lange Zeit sah alles nach einem Ligastart am 31. Oktober aus. Doch dann stiegen „die Zahlen“.

Unter äußerst schwierigen Bedingungen wurden noch einige Jugendmeisterschaften ausgespielt, die U12 und die U18 kamen zu einem Ende, wenngleich bei der U18 das Turnier kurzfristig von Berlin nach Hannover verlegt werden musste und Spandau am Ende aufgrund eines Corona-Falles nicht teilnehmen konnte. Die Esslinger belegten dabei nach einem spannenden Halbfinale gegen den späteren Meister White Sharks Hannover den dritten Platz. Der Aufwand für den SSVE war dabei extrem hoch, schließlich fordert das DSV-Hygienekonzept Tests von allen Beteiligten. Und je höher die Zahl der Infizierten in den jeweiligen Regionen, desto kurzfristiger müssen die Tests erfolgen, um dem Hygienekonzept des DSV zu entsprechen. Jedoch sind bei steigenden Zahlen die Labore nicht mehr in der Lage, die Testergebnisse für einen bestimmten Zeitpunkt zu garantieren. Mal davon abgesehen ist es in einer solchen Lage der steigenden Zahlen sowieso fraglich, ob Testkapazitäten für den Sport sinnvoll sind. Aber wie eingangs geschrieben: gerade an dieser Stelle gibt es kein Richtig oder Falsch – schließlich gibt gerade der Sport in dieser Zeit den jungen Menschen ein Stückchen Normalität. Der Ablauf sah Tests am Mittwochvormittag vor, damit die Ergebnisse spätestens Freitagabends da waren. Das bedeutete nicht nur, dass die Kinder und Jugendlichen von der Schule befreit werden mussten, sondern auch, dass ihre Eltern Urlaub nehmen mussten, um ihre Kinder zu den Tests zu fahren. Dann die bange Wartezeit, bis die Ergebnisse hoffentlich rechtzeitig feststanden und natürlich vor allen Dingen negativ waren.

Risikogebiete, Beherbergungsverbote, Laborkapazitäten – von den Test-Kosten für die Vereine und dem organisatorischen Aufwand ganz zu schweigen – am 20. Oktober zog der DSV die Reißleine und brach alle noch ausstehenden Jugend-Meisterschaften des Jahres 2020 ab. Zwei Tage später gab es die bis dato letzte Videokonferenz: die Vereine wurden vom DSV über den geplanten Abbruch auch der Bundesliga informiert und nach Gegenargumenten gefragt. Am Freitag verkündete der DSV schließlich die Absage aller DSV-Veranstaltungen. Für die Männer-Bundesliga ist vorgesehen, im Januar zu prüfen, ob ab März gespielt werden kann. Sollte dies nicht möglich sein, soll im März geprüft werden, ob ab Mai gespielt werden kann.

 

Ein Ausblick

Auf der letzten Videokonferenz am 22. Oktober wurde den Vereinen von DSV-Vizepräsident Uwe Brinkmann und DSV-Direktor Leistungssport Thomas Kurschilgen in Aussicht gestellt, die Vereine in künftige Entscheidungsprozesse einzubinden. Am 7./8. November findet die Länderfachkonferenz der Landeswasserballwarte und dann am 21. November die Mitgliederversammlung des DSV statt. Seit Monaten hat der DSV keinen Präsidenten, die Vizepräsidenten sind teilweise nur kommissarisch im Amt und Uwe Brinkmann hat seinen Rückzug angekündigt. Ob es Kandidaten gibt und ob der Verband nach dem Verbandstag in ruhigere Gewässer kommt und ob die Vereine dann auf den verschiedenen Ebenen wieder Ansprechpartner haben, von denen sie verbindliche Auskünfte bekommen, wird sich zeigen.

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